Erntetechnik

Flachs- und Hanferntetechnik

Die Ernteverfahren für die beiden einjährigen Bastfaserpflanzen Flachs und Hanf unterscheiden sich wesentlich.


Flachs/Lein

Die Unterschiede der beiden Züchtungsformen von Flachs, Faserlein (zur Fasergewin-nung), und Öllein (zur Saatgewinnung => umgangssprachlich: Samengewinnung), spiegeln sich in den Ernteverfahren wider.

Faserlein

Flachsraufe (Bild 01)

Wenden I  (Bild 02)

Wenden II  (Bild 03)


Anschaffung und Betrieb der hier unbedingt erforderlichen Spezialmaschinen sind mit hohen Kosten verbunden, die in den Stroh- und Faserpreisen zum Ausdruck kommen. Daher konzentriert sich die Gewinnung auf lange Fasern zur Herstellung feiner und fester Garne für den Textilbereich. Sogenannte „Raufen“ (von ausreißen/rupfen) ziehen mittels spezieller Klemmbänder die gesamten Stängel mit den Wurzeln aus der Erde und legen diese in paralleler Ausrichtung auf dem Boden ab. Dies ermöglicht die Verwertung des gesamten (im Vergleich zu Hanf mit ca. 1 Meter relativ kurzen) Stängels (was beim Mähen aufgrund der hier aus verfahrenstechnischen Gründen notwendigen „Stoppelhöhe“ nur eingeschränkt möglich wäre). Weiterhin bildet das Raufen mit der erzielbaren Parallellage auch die Grundlage für das Bergen in Form spezieller Rundballen für die stationäre Langfasergewinnung in der Schwinge.

Bei der anschließenden, sechs bis achtwöchigen sog. Feldröste (zum Abbau der „Kittsubstanzen“ zwischen Fasern und den holzigen Stängelbestandteilen, den sog. Schäben), werden die Stängel, gleichfalls in Parallellage, mehrfach gewendet.

Abschließend erfolgt das Verpressen der getrockneten Stängel zu Rundballen. Eine Besonderheit bilden hier mitlaufende lagefixierende Schnüre (i.d.R. grobe Flachsgarne), die später ein gleichmäßiges Abrollen der Stängelmatte gewährleisten.

 

Öllein

Mähdrescherernte I  (Bild 04)

Mähdrescherernte II (Bild 05)


Auch die auf Saat(Samen)ertrag gezüchtete Variante enthält Fasern. Diese eignen sich zwar nicht zur Gewinnung von Garnen/Textilien. Jedoch können aus dem getrockneten Ölleinstroh Fasern für technische Anwendungen wie z.B. Formbauteile gewonnen werden.
Seine Stängel sind mit ca. 40 bis 50 cm deutlich kürzer als die von Faserlein (90 bis 110 cm). Damit ist eine Ernte mit dem Mähdrescher und der Verzicht auf Spezialmaschinen möglich. Auch das anschließende Wenden (Röste & Trocknung) und Pressen kann mit (ggf. zu modifizierenden) Standardmaschinen erfolgen und ist daher vergleichsweise kostengünstig.


Industriehanf


Hanfbestand (Bild 06)

             Hanfernte (Bild 07)


Die Ernte der bis zu vier Meter langen Industriehanfstängel erwies sich zunächst als große Herausforderung. Erst durch Modifikationen an verfügbaren Halmfruchternte-maschinen, die bereits in der Phase des Abtrennens der Pflanzenstängel oberhalb des Wurzelwerks gleichzeitig auch ein Einkürzen des Ernteguts auf Stängellängen zwischen 45 und 100 cm ermöglichen, konnten auch die notwendigen Folgeoperationen in der Feldliegezeit (wie Schwaden, Wenden und Bergung mittels Zinkenaufnehmern an Ballenpressen) funktionssicher ausgeführt werden.
So wurden zunächst durch Techniker von HempFlax die Komponenten eines Mais-ernters (Maisgebiss und Häckseleinrichtung) modifiziert, so dass die Hanfstängel auf ca. 60 cm eingekürzt und zwischen der Fahrspur der Erntemaschine schwadförmig abgelegt und die erheblichen Anfangsschwierigkeiten im Erntezyklus überwunden werden konnten. Gleichfalls erfolgten Anpassungsmaßnahmen an Schwadern und Ballen-pressen, wobei die Abdeckung rotierender Teile wie Wellen/Trommeln abgebaut wurden, um Wickelbildungen durch Fasern zu verhindern und damit mögliche Schwelbrände zu vermeiden.
Heute erfolgt die Ernte mit modifizierten Standardmaschinen: Feldhäcksler, Schwader und Quaderballenpresse.


Beerntetes Hanffeld (Bild 08)

Hanfstroh Quaderballen (Bild 09)


Sondermaschinen Industriehanf

 Weiterhin befinden sich Sondermaschinen im Einsatz, z.B.:
* die „Blücher 03“: Schneidemesserbewährte rotierende Säulen kürzen den
           Hanf im Stand ein
* der „Butterfly“, SMU 3 und SMU 4 mit horizontal und vertikal versetzten Schneidbalken
           zur Stängeleinkürzung

* Torum 3000 und Katana zur Hanf-Koppelnutzung (Stroh und Körner)

.

Die Blücher 03 resultiert aus einem noch heute in Betrieb befindlichen Ansatz aus den 1990er Jahren.  Bei den anderen Sondermaschinen handelt es sich um Konzepte mit enormer Schlagkraft, die insbesondere bei großen Feldflächen ihre Wettbewerbs-fähigkeit entfalten. In Kombination mit der Körnerernte kommen weitere Kostenvorteile durch Koppelnutzung sowie eine damit einhergehende Steigerung der Ressourcen-produktivität und -effizienz zum Tragen.


Blücher 03 
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz

Torum 3000
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz



SMU 3
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz

SMU 4
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz



Katana
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz

Katana-Arbeitsprinzip
Bild: Ing. Büro für Naturfasertechnologien Dr. Jürgen Paulitz